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Zwangsheirat für Gauck?

21.02.2012

von Sabine Schiffer, Institut für Medienverantwortung


Der Supergauck und die unterlassene Recherche

Nun wird er es doch, unser Bundespräsident. Im zweiten Anlauf, aber nicht als zweite  
 Wahl, wie uns die Parteienmehrheit versichert. Joachim Gauck for President!      ?  Ich muss
zugeben, dass ich mir Rita Süssmuth gewünscht hätte, aber mich fragt ja keiner. Dann
bleibt nur noch zu hoffen, dass Gauck nicht sein Privatleben auf die Füße fällt – und dies
womöglich erst nach seiner Vereidigung. Was die nordbayerischen Lokalzeitungen vor  
knapp zwei Jahren beschäftigte, dürfte noch relevant sein.
Daniela Schadt, Politikredakteurin der Nürnberger Zeitung, gab schon bekannt, dass sie
schweren Herzens unter Verzicht auf ihre Stelle für die Rolle als First Lady bereit stünde.
Diese Frage stellt sich, nachdem Gauck verkündet hatte, dass sich der dauergetrennt
lebende Theologe im Falle seiner Wahl zum Bundespräsidenten auch dazu verpflichten  
würde, seine langjährige Partnerin – eben besagte Redakteurin – auch zu heiraten. Mal  
abgesehen von der Exorbitanz dieses Heiratsantrags auf Abruf, stellt sich natürlich nun  
die Frage, ob Gauck denn inzwischen seine Hausaufgaben gemacht hat und wenigstens
die Scheidung voranbrachte. Natürlich kann man sich fragen, ob Deutschland inzwischen  
modern genug für eine „wilde Ehe“ im Schloss Bellevue ist. Am einfachsten und  
eindeutigsten wäre es wohl jedoch, wäre er mit der künftigen First Lady längst verheiratet.
Ansonsten könnte das Arrangement ja fast nach einer Zwangsheirat aussehen –  
allerdings nur einer Sachzwangsheirat, gefordert von Staat und Etikette und nicht etwa  
von familiär-kulturellen Traditionen, oder doch?

Nun, die Frage einer fast erzwungenen Heirat – denn Gauck hätte seiner Angebeteten
natürlich auch die Ehe ohne Bindung an das Amt antragen können – könnte die seiner  
Integrität als DDR-Bürgerrechtler eines Tages vorstehen, wenn das Haus Springer  
beschließt, dass es dann mal genug sei mit Gauck. Schließlich gibt es immer noch die
Unerklärlichkeit, warum die Familie Gauck zu DDR-Zeiten über eine großzügige  
Reisefreiheit verfügte – ein Privileg für nur ganz wenige, ausgesuchte, zuverlässige...
Tja, und ob es gut ist, dem säkularen Staat einen ehemaligen Pfarrer vorzustellen, bleibt  
eine weitere Delikatesse, die bisher nicht diskutiert wurde. Insofern tut sich seine
Nominierung im Vergleich zur erstaunlich oft genannten Margot Käßmann wenig. Schade
nur, dass in Zeiten der angeblichen Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit die
Frauennamen immer so gar nicht einfallen wollen: Herta Däubler-Gmelin, Gesine Schwan,
Hildegard Hamm-Brücher, Beate Klarsfeld, Marianne Birthler, Jutta Limbach und und und  
Rita Süssmuth.

Ich habe natürlich nichts gegen Gauck, der vermutlich nicht mehr aber auch nicht weniger  
angepasst bzw. wirtschaftsintegriert ist als andere Herren im Politikbetrieb, die vom Hause  
Springer bisher verschont blieben. Angesichts einer solchen Aussicht sollte man jedoch in  
Zukunft darauf achten, dass die Kandidatin nicht zu jung ist und ihr noch über Jahre oder  
gar Jahrzehnte hinweg der jährliche Ehrensold von 200000 Euro mitsamt einer ganzen
Büroinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden muss. Insofern leisten wir uns teure  
Präsidentenämter, denn diese Zuwendungen erhalten nach wie vor Roman Herzog, Horst
Köhler und Richard von Weizsäcker und vermutlich bald auch Christian Wulff.

 

Quelle: http://www.medienverantwortung.de/wp-content/uploads/2009/10/20120221_IM...