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Eine gute Antwort

Kaan Orhon
01.08.2014

Bismillah

Gedanke zum Freitag
Heute von: Kaan Orhon, RAMSA-Vizepräsident und Islamwissenschaftler aus Göttingen


Allah der Erhabene sagt in Seinem Buch in der ungefähren Übersetzung:

„Und die Diener des Erbarmers sind die, die demütig auf der Erde umhergehen und die, wenn die Törichten sie ansprechen, sagen: «Frieden!»“             ((al-Furqan:63))

Einer der Törichten war es in der Tat, der jüngst versuchte, sich in die Reihe derer einzureihen, die mit Hass und Angst Geld machen und der es durch das Dämonisieren von Menschen und das Anhängen an eine gesellschaftliche Debatte zu seinen 15 Minuten Ruhm bringen wollte. Damit schon genug gesagt, kein Name, keine Inhalte – er und sein Werk sollen dem Vergessen überantwortet werden.

Beachtenswert ist nur, was an Reaktionen und Antworten erfolgte. Natürlich nicht alle, aber erfreulich viele Beiträge ließen in ihrer Souveränität und ihrer charakterlichen und intellektuellen Überlegenheit gegenüber den Angriffen erkennen, was an wichtiger Arbeit im gesellschaftspolitischen und medialen Bereich mit und von auch gerade jungen Muslimen in diesem Land geleistet worden ist.

Das ist für sich natürlich keine neue Entwicklung, es hat immer und zu allen Zeiten brillante Köpfe gegeben, die das Spiel von Provokation und Reaktion, die immer gleichen Dynamiken mit immer neuen Aufhängern, durchschauten, und sich geweigert haben, es mitzuspielen.

Aber dieses Bewusstsein wird durch die Arbeit engagierter Menschen, Muslime wie Nichtmuslime, verbreitet und bei immer mehr Menschen geweckt. Und wo es einmal geweckt ist, wird der Nährboden für das rituelle Empörungs- und Gegenempörungstheater trockengelegt. Menschen springen nicht mehr nach den Stöcken, die man ihnen hinwirft: Karikaturen, Fußballgesänge, dümmliche Hetzfilme und dümmliche Faschismus-Bücher, schlechte Gene, Kopftuchmädchen.

Es wird immer schwerer und schwerer für die Demagogen auf allen Seiten, die gesellschaftlichen Wahrheiten und Realitäten mit dem Kleid der Lüge zu bedecken. Absolute und relative Zahlen zu „Islamisten“ und terroristischen Anschlägen haben schon immer eine sehr deutliche Sprache gesprochen – man muss sich nur dafür einsetzen, dass diese gehört und verstanden wird.

Hetzer und Menschenfeinde sind Parasiten, die verhungern und absterben, wenn man ihnen die Nahrung entzieht. Das gilt für muslimische Vertreter dieser Spezies wie für nichtmuslimische. Ganz beseitigen wird man sie aber nie. Dazu sind die negativen Emotionen und Verhaltensmuster, auf denen sie gedeihen, leider zu elementar in der Menschheit als Ganzes verankert. Lässt die Wachsamkeit, lässt der Kampf gegen sie nach, so gedeihen und vermehren sie sich wieder und tragen ihre Seuche in die Gesellschaft hinaus. Aber auch sie nur zurückzudrängen lohnt die Anstrengung, und es kann noch viel mehr erreicht werden. Der Islamhasser in der Zeitungsredaktion und der antisemitische Hetzer auf der Demonstration können noch stärker isoliert und marginalisiert werden. Man kann ihre Einstellungen nicht beseitigen, aber wenn man sie unter ihre Steine und in ihre dunklen Löcher zurücktreibt, kann man andere Menschen und die Gesellschaft als Ganzes vor ihnen schützen.

Darum braucht es sie weiter und noch mehr: all die Maßnahmen, die bisher gegen die Hassprediger aller Schattierungen ins Feld geführt werden. Die offenen Briefe und schriftlichen Entgegnungen, die Proteste und Mahnwachen, die Dialogprojekte, die Deradikalisierungs- und Antirassismusinitiativen, wo nötig rechtliche Schritte… aber vor allem der persönliche Einsatz für eine – in allen Belangen – bessere Gesellschaft. Gemeinsame Arbeit für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Frieden, Bildung – das schafft Verbindungen und ein Verhältnis zueinander, wie es gegenseitige verbale Toleranzbekundungen und wissenschaftliche Studien nicht vermögen. Auch eine Politik symbolischer Akte und des Zeichensetzens von Politikern oder religiösen Führern hat in diesem Kontext seinen Platz, keine Frage. Aber erst hinter der unmittelbaren und konkreten Arbeit auf der Straße, in Vereinen und Gemeinden, in Schulen und Universitäten und allen anderen Schauplätzen gesellschaftlicher Interaktion. Jedem Projekt, das wir starten, sollte dieser Gedanke an das große Ganze zu Grunde liegen, jedes noch so kleine Treffen in der Uni-Mensa ist ein Teil dieser Anstrengung, ein Schritt weiter auf dem Weg.

Viele Menschen, die meisten, so die Hoffnung des unverbesserlichen Optimisten, können erreicht werden, sie können nicht nur von Vorurteilen, Ängsten und Feindbildern befreit werden, sondern auch dafür gewonnen werden, Teil der Anstrengung zu werden. Und wenn immer mehr Menschen erreicht werden, werden die Unverbesserlichen, jene die ihren Hass auf Menschen aufgrund deren Andersseins nicht aufgeben wollen, irgendwann isoliert und bedeutungslos vor sich hin vegetieren. Und wann immer sie wieder den Versuch machen, sich Gehör zu verschaffen, lautet die Antwort nur „Frieden“.

In diesem Sinne wünscht euch der Vorstand des RAMSA einen gesegneten Freitag und ein schönes Wochenende.