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"Ruhe des Herzens"

Kaan Orhon
21.08.2015

Bismillah

Gedanke zum Freitag: Heute von Kaan Orhon, RAMSA-Vizepräsident und Islamwissenschaftler aus Göttingen Allah der Erhabene sagt in Seinem Buch in der ungefähren Übersetzung:

„Sicherlich, im Gedenken Allahs finden die Herzen Ruhe!“ ((ar-Rad))

Allah, der Erhabene, verspricht uns, keiner Seele mehr aufzuerlegen, als sie zu tragen vermag. Doch der Mensch vergisst. Und wenn diese Versicherung unseres Herrn uns nicht mehr bewusst ist, wenn der Alltag beginnt, unser klares Ziel und unsere Motivation zu verschleiern, dann beginnen die Hindernisse und die Prüfungen uns immer größer und unüberwindlicher zu erscheinen, bis sie uns über den Kopf wachsen.

So viele Probleme, Krisen, Notlagen… welche sollen wir zuerst angehen? Wenn wir eine auch nur zu lindern begonnen haben, tun sich neue auf. Kriege und das Leid von Flüchtlingen, Armut und Rassismus, Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Anschläge und Übergriffe auf Moscheen und Muslime und die abartigen Verbrechen die allerorten im Namen des Islam begangen werden, die Vertreter der verschiedenen menschenverachtenden Ideologien scheinen sich über unsere Köpfe weg die Hand zu reichen um in perverser Eintracht das zu zerstören, was wir und andere aufzubauen versuchten.
Und die Natur des Menschen scheint so sehr zu ihren Gunsten und gegen uns gerichtet… was Jahre an guten Werken, an Hilfe, Freundlichkeit, Argumenten und edler Rede schaffen, vermag ein Moment, eine einzige Handlung des Bösen zerstören. Aber umgekehrt geht es nicht.

Es scheint wie ein Strudel der sich immer schneller um uns dreht und uns in die Tiefe zieht.

100 Tote bei einem Bombenanschlag, 400 Menschen ertrinken auf dem Mittelmeer. Menschen werden Nummern, ihrer Menschlichkeit beraubt sind sie Statistiken des Leides, die wir wahrnehmen. Selbst wenn wir sie gekannt hätten, es bleibt nie Zeit zu trauern, mit zu fühlen und zu verarbeiten, weil schon die nächsten Meldungen des Grauens auf uns einstürzen und die vorangegangenen begraben unter mehr Toten und mehr Leid.

Wie der Körper durch schwere Arbeit ermüdet, so ermüdet die Seele im Angesicht des allgegenwärtigen Leides.

Manche von uns sind vielleicht schon dem Punkt nahe gekommen, da die Seele scheinbar nicht weiter kann, da wir überlegen, einfach aufzuhören. Wir haben gegeben, was wir geben konnten und das Leid der Welt liegt unverändert gleich einem Ozean vor uns, an dessen Ende kein Ufer zu sehen ist. Wenden wir den Rücken und gehen, auf das andere sich an unserer Stelle dem entgegenstellen, was doch nicht aufzuhalten ist.

An diesem Punkt angelangt, müssen wir uns spätestens dem Zuwenden, was nie aus dem Fokus hätte geraten dürfen. Uns kehren zu der Quelle, die uns erfrischt und tröstet. Unser Tun in dieser Welt wieder in den richtigen Kontext setzen. Das das Erreichte, auch an der Gewalt der Aufgabe gemessen, unendlich wertvoll ist und unser Herr mit uns ist, Der allein uns nach jedem Sturz aufs Neue erhebt, uns ehrt und belohnt. Und vor allem, dass Er uns den Hort der Ruhe bietet, an den wir jederzeit zurückkehren können. Er versichert uns, dass am Ende aller Dinge das Gute steht, die Gerechtigkeit, die Rettung und die Vergebung.

„Allah ist der Schutzherr derjenigen, die glauben. Er bringt sie aus den Finsternissen heraus ins Licht.“

Enden will ich mit einem Appell. Gesegnet ist, wer sich in jedem Moment der Verzweiflung in der Erinnerung an den Erbarmer fangen und regenerieren kann, um dann gestärkt seine Arbeit weiter zu tun. Aber es kann auch passieren, dass Menschen den Weg aus dem Strudel des Kummers und des Leides nicht wieder hinaus finden. Etwas, das jedem passieren kann und dass nichts mit mangelndem oder schwachen Glauben zu tun hat.
Wir müssen auf die Warnsignale unserer eigenen Seele und auch unseres Körpers hören, aber auch darauf achten, ob jene, die unseren Weg mit uns gehen, nicht mehr weiter können. Wir müssen Warnsignale auch bei anderen erkennen und immer bereit sein, unsere Hilfe anzubieten, wenn auch nicht aufzudrängen. Zur Stelle sein, um unsere Geschwister zu Erinnern an das Versprechen Allahs, und wenn nötig auch mehr, da zu sein, wenn es anderen zu viel wird.

Die Hilfe und die Bemühung auf dem Wege Allahs beginnt mit der Person neben uns.

In diesem Sinne wünscht euch der Vorstand des RAMSA einen gesegneten Freitag und ein schönes Wochenende.