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Unter Menschen

Kaan Orhon
30.09.2016

Bismillah
Gedanke zum Freitag

Heute von Kaan Orhon, Mitglied des Ältestenrates und Islamwissenschaftler aus Göttingen

Der Gesandte Allahs – Segen und Frieden auf ihm – sagte:
“Der Muslim, der mit den Menschen verkehrt und den Schaden davon geduldig erträgt, ist besser als der, welcher nicht mit ihnen verkehrt und den Schaden davon nicht geduldig erträgt.” (Ibn Umar; Tirmidhi)

Wer sich in irgendeiner Form, egal ob politisch, religiös, sozial oder zum Beispiel auch künstlerisch, öffentlich betätigt, der wird negative Reaktionen ernten. Landauf, landab sind Beleidigungen, Verleumdungen, Drohungen und dergleichen Alltag gegen medial sichtbare Persönlichkeiten Alltag. Gerne aus der scheinbaren Anonymität des Internets heraus, aber längst nicht nur da. Auch unsere Arbeit als RAMSA macht da keine Ausnahme.
Wie soll man damit umgehen? Diese Frage muss jede betroffene Person letztlich für sich beantworten. Im Sinne der obigen Überlieferung ist eine Haltung, es als Prüfung zu betrachten, sich in Geduld zu üben und auf unseren Herrn zu vertrauen. Er ist der beste Beschützer.

Manch einer kann den Anfeindungen sogar etwas Positives abgewinnen, indem er oder sie darin eine Bestätigung der eigenen Arbeit sieht. Danach bedeuten Angriffe, dass die eigenen Anstrengungen Wirkung zeigen und wahrgenommen werden. Bliebe das was man tut wirkungslos, würde es auch keinen Gegenwind geben. So kann man aus dem Hass und der Feindseligkeit anderer mitunter positive Energie schöpfen um weiterzumachen.
Dies ist eine achtens- und lobenswerte Haltung, die aber auch nicht ohne Risiko ist.

Negative „Bestätigung“ kann ebenso wie Lob der Triebseele schmeicheln und im schlimmsten Fall zum Selbstzweck werden; uns an den Punkt führen, wo wir um der Provokation willen etwas tun oder äußern, in dem Wissen, dass wütende Reaktionen kommen werden.

Die Reaktionen anderer Menschen sollten aber nie Ziel des eigenen Handelns sein, egal ob positiv oder negativ.

Und schließlich, auch wenn im Sinne der Worte des Gesandten Gottes – Segen und Frieden auf ihm – die Geduld im Umgang mit den Menschen das Bessere ist – es gilt, die Entscheidung einer Person zu respektieren, die den Punkt erreicht, an dem sie sich dem gegen sie gerichteten Hass und der Aggression nicht länger aussetzen will und sich aus einer öffentlichen Position zurückzieht.
Auch wenn man selbst damit leben, gut damit umgehen kann, gilt es, anderen keine Vorwürfe zu machen, die eigene Messlatte nicht an andere anzulegen. Wohl aber können wir uns um andere kümmern, die in der gleichen Lage sind, können auf Anzeichen achten, dass das Erlebte ihnen zusetzt und versuchen, zu helfen, bevor es zu viel wird.

von Kaan Orhon aus Göttingen, Islamwissenschaftler und Mitglied des Ältestenrates