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Kulturelle Diversität und Religion auf dem Campus

05.02.2012

In einer bundesweiten Fachtagung am 12./13. Januar 2012 in München diskutierten über 60 Vertreterinnen und Vertreter von International Offices, Studienberatungsstellen, katholischen und evangelischen Hochschulgemeinden und von muslimischen Hochschulvereinigungen Herausforderungen der kulturellen und religiösen Diversität an den Hochschulen.

 

In den zurückliegenden fünfzehn Jahren haben die deutschen Hochschulen eine im internationalen Vergleich einmalige Ausweitung der Zahl internationaler Studierender erlebt. Unter dem Schlagwort Diversität wendet sich die fachliche und politische Diskussion nun verstärkt den qualitativen Aspekten der Internationalisierung zu. Zumindest im Anspruch werden internationale Studierende und Forschende ganzheitlich als Menschen mit kognitiven, sozialen und kulturellen Bedürfnissen wahrgenommen. In der von den Münchener Hochschulgemeinden und Einrichtungen der Ludwig-Maximilians-Universität initiierten und vom Forum Hochschule und Kirche (FHoK) und dem Erzbistum München unterstützten Fachtagung diskutierten Experten aus ganz Deutschland über Anspruch und Wirklichkeit von Integrationsmaßnahmen an Hochschulen sowie über deren pädagogische und interkulturelle Möglichkeiten und Grenzen.

Zu den Referenten zählten u.a. der Bayerische Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch, Frau Professorin Dr. Juliana Roth von der LMU München und der Luzerner Soziologe Prof. Dr. Rudolf Stichweh. In Fachgruppen wurden über 10 Praxisbeispiele vorgestellt und diskutiert.
Bundesweit erstmalig tauschten sich in einem so breiten Forum Experten aus Hochschulen und Religionsgemeinschaften in Deutschland gemeinsam über Chancen und Herausforderungen ihrer Arbeit aus. An der Tagung beteiligten sich auch mehrere Muslime, darunter der Vorsitzende des Rates muslimischer Studierender und Akademiker (RAMSA), Bacem Dziri.

„Gerade für das interreligiöse Verhältnis von deutschen Christen und Muslimen ergaben sich in den Gesprächen vielfältige Anregungen“, erklärt Martin Rötting, Referent für Internationales der Katholischen Hochschulgemeinde an der LMU und Koordinator der Tagung. Der Luzerner Soziologe Stichweh machte deutlich, dass die Universitäten in Europa seit jeher auf Diversität im Lehrkörper und unter den Studierenden ruhten. „In den gegenwärtigen Hochschulen, die unter einem dauernden Reformstress stehen, klafft allerdings eine beträchtliche Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit einer auf den Menschen als Ganzes ausgerichteten Integration von internationalen Studierenden“, bemerkt Robert Lappy, bis vor kurzem Leiter des Fachbereichs Hochschulpastoral, Studentenwohnheime und Akademiker im Erzbistum München.

In der abschließenden Paneldiskussion wurden Faktoren benannt, die für einen substantiellen Fortschritt in der Integration hilfreich sind: Alle an Integration interessierten Kräfte an den Hochschulen müssten strategisch gezielt Kontakte zu den Präsidien entwickeln. Die Bildung von Netzwerken und die aktive Beteiligung internationaler Studierender an der Planung und Durchführung von Maßnahmen sei ein entscheidender Faktor. Hier spielten auch die Kirchen und Muslimische Hochschulvereinigungen eine wichtige Rolle. Auch die bestehenden studentischen Mitbestimmungsstrukturen müssten von internationalen Studierenden konsequent für ihre Interessenvertretung genutzt werden.

„Bei der Fachtagung ist es erstmalig gelungen, Integration und produktiven Umgang mit Diversität an Hochschulen ganzheitlich unter Einbeziehung von kognitiven, formal-pädagogischen, sozialen, kulturellen und religiösen Aspekten zu betrachten“, bemerkt Lukas Rölli, Geschäftsführer des Forum Hochschule und Kirche e.V. (FHoK). „Damit konnten wir den Anspruch, der im Nationalen Kodex für das Ausländerstudium der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) gesetzt wird, zumindest auf der Reflexionsebene einlösen. Die über 60 Tagungsteilnehmer waren sich allerdings einig, dass bis zur Verwirklichung dieses Anspruches an allen Hochschulen noch ein langer Weg sei. Die Fachtagung war ein guter Auftakt für hoffentlich zahlreiche weitere Austauschforen zwischen den Hochschulen und den kulturellen, sozialen und religiösen Akteuren in ihrem Umfeld“, meint Rölli.

 

Quelle: http://www.fhok.de/index.php?c=26&cms_det=752