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Zwangsheirat für Gauck?
von Sabine Schiffer, Institut für Medienverantwortung
Der Supergauck und die unterlassene Recherche
Nun wird er es doch, unser Bundespräsident. Im zweiten Anlauf, aber nicht als zweite
Wahl, wie uns die Parteienmehrheit versichert. Joachim Gauck for President! ? Ich muss
zugeben, dass ich mir Rita Süssmuth gewünscht hätte, aber mich fragt ja keiner. Dann
bleibt nur noch zu hoffen, dass Gauck nicht sein Privatleben auf die Füße fällt – und dies
womöglich erst nach seiner Vereidigung. Was die nordbayerischen Lokalzeitungen vor
knapp zwei Jahren beschäftigte, dürfte noch relevant sein.
Daniela Schadt, Politikredakteurin der Nürnberger Zeitung, gab schon bekannt, dass sie
schweren Herzens unter Verzicht auf ihre Stelle für die Rolle als First Lady bereit stünde.
Diese Frage stellt sich, nachdem Gauck verkündet hatte, dass sich der dauergetrennt
lebende Theologe im Falle seiner Wahl zum Bundespräsidenten auch dazu verpflichten
würde, seine langjährige Partnerin – eben besagte Redakteurin – auch zu heiraten. Mal
abgesehen von der Exorbitanz dieses Heiratsantrags auf Abruf, stellt sich natürlich nun
die Frage, ob Gauck denn inzwischen seine Hausaufgaben gemacht hat und wenigstens
die Scheidung voranbrachte. Natürlich kann man sich fragen, ob Deutschland inzwischen
modern genug für eine „wilde Ehe“ im Schloss Bellevue ist. Am einfachsten und
eindeutigsten wäre es wohl jedoch, wäre er mit der künftigen First Lady längst verheiratet.
Ansonsten könnte das Arrangement ja fast nach einer Zwangsheirat aussehen –
allerdings nur einer Sachzwangsheirat, gefordert von Staat und Etikette und nicht etwa
von familiär-kulturellen Traditionen, oder doch?
Nun, die Frage einer fast erzwungenen Heirat – denn Gauck hätte seiner Angebeteten
natürlich auch die Ehe ohne Bindung an das Amt antragen können – könnte die seiner
Integrität als DDR-Bürgerrechtler eines Tages vorstehen, wenn das Haus Springer
beschließt, dass es dann mal genug sei mit Gauck. Schließlich gibt es immer noch die
Unerklärlichkeit, warum die Familie Gauck zu DDR-Zeiten über eine großzügige
Reisefreiheit verfügte – ein Privileg für nur ganz wenige, ausgesuchte, zuverlässige...
Tja, und ob es gut ist, dem säkularen Staat einen ehemaligen Pfarrer vorzustellen, bleibt
eine weitere Delikatesse, die bisher nicht diskutiert wurde. Insofern tut sich seine
Nominierung im Vergleich zur erstaunlich oft genannten Margot Käßmann wenig. Schade
nur, dass in Zeiten der angeblichen Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit die
Frauennamen immer so gar nicht einfallen wollen: Herta Däubler-Gmelin, Gesine Schwan,
Hildegard Hamm-Brücher, Beate Klarsfeld, Marianne Birthler, Jutta Limbach und und und
Rita Süssmuth.
Ich habe natürlich nichts gegen Gauck, der vermutlich nicht mehr aber auch nicht weniger
angepasst bzw. wirtschaftsintegriert ist als andere Herren im Politikbetrieb, die vom Hause
Springer bisher verschont blieben. Angesichts einer solchen Aussicht sollte man jedoch in
Zukunft darauf achten, dass die Kandidatin nicht zu jung ist und ihr noch über Jahre oder
gar Jahrzehnte hinweg der jährliche Ehrensold von 200000 Euro mitsamt einer ganzen
Büroinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden muss. Insofern leisten wir uns teure
Präsidentenämter, denn diese Zuwendungen erhalten nach wie vor Roman Herzog, Horst
Köhler und Richard von Weizsäcker und vermutlich bald auch Christian Wulff.
Quelle: http://www.medienverantwortung.de/wp-content/uploads/2009/10/20120221_IM...