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Deutscher Islam?

30.09.2018

Bismillah
„Deutscher Islam?“ – Gedanke zum Freitag

„Es gibt grundlegende islamische Prinzipien, die den Umgang der Menschen miteinander bestimmen, aber es gibt keine islamische wirtschaftliche, soziale oder politische Struktur, die nicht verändert werden könnte. (…) Nichts, dass die Welt zu einem besseren Ort machen kann, darf ohne weiteres als ‚unislamisch‘ verworfen werden. (…) Um ‚islamisch‘ zu sein, muss eine Lösung (einer Frage) zwei Bedingungen erfüllen: sie muss so effizient wie möglich und so human wie möglich sein.“
-Alija Izetbegović-

Auf in die nächste Runde! Die deutsche Islamkonferenz tagt wieder, und auch wenn wieder einige neue Akteure eingeladen wurden, von denen teils mehr, teils weniger konstruktive Beiträge zu erwarten sind, steht doch zu befürchten, dass vielfach wieder bekannte und bereits mehr als hinreichend abhandelte Phrasen und Diskussionen unverdienten Raum einnehmen. Im medialen Vorfeld der Veranstaltung war es dieses Mal die Forderung nach einem „deutschen Islam“ die hin und her geworfen wurde.
Dieser Forderung wurde unter anderem entgegnet, es könne einen deutschen Islam ebenso wenig geben wie einen deutschen Katholizismus oder ein deutsches Judentum geben könne. Dies ist einerseits richtig, denn der Versuch, den Islam und die muslimischen Menschen in einem Land von der Gesamtheit der Muslime in der Welt gänzlich abzutrennen, ist freilich absurd und vorne herein zu Scheitern verurteilt, in einer immer stärker vernetzen und mobilen Welt wie der heutigen noch mehr als früher. Man kann keine gänzlich neuen theologischen Grundlagen oder religiösen Fundamente innerhalb des Islam schaffen. Wer den existierenden spirituellen Kern des islamischen Glaubens zu überwinden oder zu verändern sucht, der kann bestenfalls eine neue Religion stiften, die Ähnlichkeit mit dem Islam hat, aber keinen neuen oder „deutschen“ Islam schaffen.
Hoffen wir, dass sich niemand auf der Islamkonferenz zum Religionsstifter berufen fühlt…

Gleichzeitig gibt es außerhalb der theologischen Fundamente seit der islamischen Frühzeit seit jeher einen konstanten Wandel, ein anpassen an die Welt in der Menschen muslimischen Glaubens leben. Wer sich die Organisationsformen, den Ausdruck von Spiritualität und religiöser Praxis und die Fragen, die Theologen und die Gesamtheit der Muslime in Deutschland beschäftigen, ansieht, der wird sofort feststellen, dass es natürlich einen „deutschen Islam“ gibt, der von dieser Gesellschaft geprägt ist und sich wahrnehmbar von der Realität muslimischen Lebens in Marokko oder Indien, Somalia oder Bosnien unterscheidet.

So wie sich auch katholisches religiöses Leben in Deutschland von Mexiko oder den Philippinen unterscheidet, protestantisches von den USA oder jüdisches von Israel – bei gleichzeitig vielen Gemeinsamkeiten.

„Deutscher Islam“ existiert natürlich bereits, er muss nicht – ich würde auch sagen, kann nicht – nach auf Konferenzen vereinbarten Plänen erstellt werden. Auch ist er zum Leidwesen mancher eher beschränkter Geister eben intern auch vielfältig und nicht ein monolithischer Block, der sich einem „ausländischen Islam“ gegenüberstellen läßt.
Plakativ gesprochen: von Liberalen Experimenten bis Event-Salafismus reicht eine gewaltige Bandbreite von „deutschem Islam“. Die überwältigende Mehrheit der Muslime in Deutschland ist zwischen diesen Extremen zu finden und ist dennoch auch nicht weniger „deutsch“ in der Prägung ihrer gelebten Religiosität.

Dennoch sollte was die aktuelle Auflage der Islamkonferenz angeht, das „Prinzip Hoffnung“ gelten. Mögen die Beratungen dort gesegnet sein und einen Mehrwert für alle Menschen in diesem Land erzeugen.

In diesem Sinne wünscht euch der RAMSA einen gesegneten Freitag und ein schönes Wochenende.