Sie sind hier

"Sehen und helfen"

Kaan Orhon
26.06.2015

Bismillah

Gedanke zum Freitag: Heute von Kaan Orhon, RAMSA-Vizepräsident und Islamwissenschaftler aus Göttingen Allah der Erhabene sagt in Seinem Buch in der ungefähren Übersetzung:

„Siehst du (nicht) denjenigen, der das Gericht für Lüge erklärt?
Das ist derjenige, der die Waise zurückstößt und nicht zur Speisung des Armen anhält.
Wehe nun den Betenden, denjenigen, die auf ihre Gebete nicht achten, denjenigen, die dabei (nur) gesehen werden wollen; und die Hilfeleistung verweigern!“ ((al-Maun:1-7))

Welche Zeit sollte besser sein für die Hilfe für die Bedürftigen als der gesegnete Monat Ramadan, in dem wir uns dank der Gnade unseres Herrn gerade befinden. Auch der, der ganzjährig das Gebot der Hilfeleistung beachtet, strengt sich noch einmal an, sich im Ramadan zu übertreffen.

Allerdings habe ich in der Vergangenheit schon mehrfach Aussagen gehört, wenn es etwa um das Speisen von Armen ging, in der Richtung: „In Deutschland gibt es doch gar keine richtig armen Leute.“ Dank sei Allah, Deutschland erlebt in der Tat keine Hungersnöte wie sie Menschen in anderen Ländern erleben, hat keine riesigen urbanen Elendsquartiere wo eine große Zahl von Menschen unter unwürdigsten Bedingungen lebt, wie sie in Großstädte in anderen Ländern existieren.

Doch zu sagen, es gäbe keine Armut in unserer Gesellschaft ist vermessen und kann nur von Menschen geäußert werden, die blind durch ihr Leben gehen. Armut in diesem Land ist Realität für viele, auch und gerade für Kinder und ältere Menschen, die schutzwürdigsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Ganz zu schweigen von Flüchtlingen, die im wahrsten Sinne des Wortes mittellos sind, wenn sie in Deutschland ankommen.

Insbesondere das Schicksal der Flüchtlinge ist gerade sehr präsent, jedenfalls denen, die die Bedürftigen nicht zurückstoßen, wie es in dem obigen Vers heißt, was nicht nur den physischen Akt beschreibt sondern auch ein mentales zurückstoßen, eine Weigerung, dass Schicksal vieler unserer Mitmenschen wahrzunehmen und an uns heran zu lassen.

Also, eilen wir selbst zur Hilfe für diese Menschen und spornen wir andere an! Wann, wenn nicht jetzt?

Es fängt schon an, mit dem Gedanken, wem man etwa übrig gebliebene Lebensmittel von unseren Iftar Veranstaltungen zukommen lassen kann. Können wir Bedürftige – unabhängig von ihrer Herkunft und Religion – nicht auch dazu einladen? Vielleicht muss man dafür manchmal einige Schritte auf andere zu machen. Sich etwas bemühen, offenen Auges in der eigenen Umgebung umschauen – gibt es eine Einrichtung, die sich um Flüchtlinge kümmert? Um andere Bedürftige, um Waisenkinder, die es natürlich auch in unserem Land gibt?
Es lassen sich neue Wege beschreiten, die schönen Traditionen unserer Iftar- Veranstaltungen lassen sich um weitere schöne, wertvolle Traditionen erweitern. Vielleicht mag jeder von uns, jede Gruppe einmal für sich darüber nachdenken, einen Weg für sich suchen.

Zum Schluss möchte ich noch einen weiteren Aspekt nicht vergessen – auch unter Studierenden gibt es Armut. Man vermutet es vielleicht nicht, wenn jemand scheinbar die Mittel für das Studium hat und man ihn nur in den Vorlesungen sieht. Aber so mancher, gerade aus dem Ausland kommende Student muss jeden Cent sparen, muss unter einfachsten Bedingungen wohnen und manchmal sogar auf das Essen verzichten, um sein Ziel einer Universitätsausbildung verfolgen zu können.

Möge Allah uns aus Seiner Gnade heraus von Seiner Versorgung reichlich zu teil werden lassen. Möge Er uns zu den Dankbaren gehören und uns die Bedürftigen nicht vergessen lassen.

In diesem Sinne wünscht euch der Vorstand des RAMSA einen gesegneten Freitag, ein schönes Wochenende weiter einen gesegneten Ramadan.