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Im Namen der Ehre - Nachwirkungen
Die Eskalation der Gewalt während der Gegendemonstration gegen den provokanten Wahlkampf der rechtsextremen Partei ProNRW am 5.5.12 erschütterte nicht nur die friedlichen Demonstranten und Anwohner, sondern auch viele unbeteiligte Muslime, die aus der Presse davon erfuhren. Aus dem Wunsch heraus, sich von dieser Gewalt zu distanzieren, und ebenso auch der Polizei zu verdeutlichen, dass es sich um radikalisierte Einzelpersonen handele, die nicht stellvertretend für die Mehrheit der Muslime in Deutschland stehen, entstand eine Initiative, die innerhalb von wenigen Tagen über E-Mail und soziale Netzwerke dazu führte, dass sich über 50 Privatpersonen und Vereinigungen an einer gemeinsamen Stellungnahme sowie Besserungswünschen und Blumengeschenk an die betroffenen Polizeiwachen beteiligten. Dabei wurden neben Bonn und Solingen auch Wachen in Köln aufgesucht. Innerhalb der Facebook-Gruppe „Anteilnahme verletzte Bonner Polizisten“ wurde zudem berichtet, dass viele weitere Aktionen mit ähnlichen Ideen angedacht waren, beispielsweise einer Spendensammlung für den entstandenen Sachschaden bei den Anwohnern.
Bonner Polizeipräsidium
Kurz vor 12 Uhr trafen wir uns vor dem Bonner Polizeipräsidium in der Königswinterer Str. 500. Wir, also Nadine Fechtner, Heba und Walid BenFradj mit ihrer Tochter, Ibrahim Kücükyildiz und Yasemin Köylüoglu und Sarah Owega, überreichten im Auftrag von rund 55 muslimischen Privatpersonen und Vereinen dem Kommissar vom Dienst Blumen für die verletzte Polizistin und den verletzten Polizisten, sowie eine Orchideenpflanzung für das Polizeipräsidium um unsere Anteilnahme zu verdeutlichen. Herr BenFradj wies ausdrücklich darauf hin, dass die islamische Gesetzgebung vorschreibt, dass für Muslime in einem nicht-muslimisch regierten Land die dortige Gesetzbebung bindend ist. Gemeinsam betonten wir, dass uns unumstößlich an einem friedlichen Miteinander und sozialen Zusammenhalt gelegen ist und wir mit unserer gemeinsamen in einer Karte dargelegten Erklärung den Einsatzkräften, dem Einsatzleiter, sowie dem Hundertschaftsführer unser Bedauern ausdrücken, sowie den verletzten Personen eine rasche und vollständige Genesung wünschen wollten. Kurz vor Verabschiedung trafen wir zusätzlich auf Herrn Harry Kolbe, Pressesprecher der Polizei Bonn, dem gegenüber wir unser Anliegen erneut vorbrachten und der sich dafür herzlich bedankte. Unsere Aktion wurde freundlicherweise von Herrn Ahmet Senyurt von Cosmo TV (WDR Fernsehen) aufgenommen, der unsere Idee begrüßte und darüber berichten möchte.
Solinger Polizeiwache
Kurz nach 14 Uhr traffen Sumeyye Chbib, Nadine Fechtner, Sarah Owega und Sumeyyes neunjähriger Sohn Aiman sowie ihre zehnjährige Nichte Nour in der Polizeiwache Solingen ein. Wir wurden herzlich vom Dienststellenleiter und seinen KollegInnen empfangen und für die eigene Pressearbeit wurden von uns und der Blumen- und Kartenübergabe Fotos gemacht. Der Dienststellenleiter bat uns in die Wache und führte mit uns ein längeres Gespräch über den Koran und Gemeinsamkeiten zwischen Christentum und Islam, in welchem deutlich wurde, dass er über fundierte Kenntnisse verfügt und trotz der Ausschreitungen während der 01. Mai Feier sehr genau differenzieren kann, was uns sehr erfreute. Er nahm sich sogar Zeit, den Kindern und uns die neue Wache zu zeigen, so dass wir tiefere Einblicke in die Polizeiarbeit bekamen und die drängenden Fragen der Kinder und Erwachsenen geklärt werden konnten (bspw. was mit einem Vater passiert, der zweimal über eine rote Ampel gefahren ist). Wir konnten uns nur schwer von der Polizeiwache Solingen trennen und werden sicherlich noch lange an diesen herzlichen Empfang zurückdenken.
14.05.12
Das Wuppertaler Polizeipräsidium setzte sich mit uns in Kontakt und bedankte sich herzlich für unseren Besuch in der Solinger Polizeiwache. Freundlicherweise verfasste das Präsidium eine Presseerklärung, die sowohl für die Öffentlichkeit, als auch im Intranet von allen Mitarbeitern abgerufen werden kann. http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/11811/2252706/pol-w-sg-solidaritaetsbekundung-fuer-die-polizei
Text der übermittelten Karte:
Sehr geehrte Polizistinnen und Polizisten,
mit großer Bestürzung haben wir aus den Medien erfahren, dass während der 1. Mai Feier in Solingen und während der Demonstration in Bonn gegen den provokanten Wahlkampf einer rechtsextremen Partei radikalisierte Einzelpersonen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei angegriffen und verletzt haben. Wir, die Unterzeichner, sind deutsche Muslime mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und verurteilen die Angriffe auf die Polizei auf das Schärfste. Wir können und wollen es nicht dulden, dass sich die Minderheit einer Minderheit gewaltsam in den Vordergrund schiebt und uns Muslime weitaus mehr beschämt, als jegliche Karikaturen dies tun könnten.
Allen Einsatzkräften sprechen wir hiermit unser großes Bedauern über diese Eskalation der Gewalt aus und wünschen den betroffenen Personen eine rasche und vollständige Genesung.
Wir bedauern die Angriffe auf die Polizei zutiefst und möchten mit diesen Blumen unsere Anteilnahme ausdrücken.
Hochachtungsvoll
verfasst von : Sarah Owega
Der Rat muslimischer Studierender und Akademiker unterstützt diese Bemühungen und möchte den Initiatoren, allen Beteiligten und Helfern für ihr Engagement danken.
In diesem Zusammnenhang sei auch auf den Friedensmarsch am 20.05.2012, von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr, in Bonn hingewiesen unter dem Motto: "WIR lassen uns Hetze und Haß NICHT gefallen!- Bonn für Frieden und Gewaltlosigkeit!"