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Kinder des Krieges - Erfahrungsbericht vom Friedensdorf International

05.02.2013

Erfahrungsbericht vom Friedensdorf International

Am 03. Januar 2013 ging es früh am Morgen auf nach Dinslaken zum Friedensdorf International. Wir waren eine Gruppe von 18 Personen und organisiert wurde das Ganze von der Deutschsprachigen Muslimischen Studierendenvereinigung in Bielefeld e.V. (DMS). Was ich vom Friedensdorf wusste, war, dass es Kinder, die keine ausreichende ärztliche Behandlung in ihrem Heimatland bekommen können, nach Deutschland holt. Hierbei geht es um Länder, in denen Kriege und Konflikte herrschen. Insbesondere Kinder aus Afghanistan sollten im Friedensdorf aufgenommen werden. Unsere Reise hatte nun den Zweck, die Arbeit des Friedensdorfs näher kennen zu lernen und Zeit mit den Kindern zu verbringen.

Man hört viel über Konfliktregionen in den Medien, über Tote und Verletze. Auf der Reise hatten wir ein unwohles Gefühl, weil wir nicht wussten, in welchem Zustand wir die Kinder antreffen würden und wie wir mit ihnen umgehen sollten. Nun gab es die Möglichkeit, sich selbst ein Bild über die ungefähre Situation der Menschen in diesen Regionen zu machen. Es kamen auch Fragen auf, wie: Wie sollen wir mit den Kindern kommunizieren? Können sie ausreichend Deutsch sprechen? Werden sie uns positiv aufnehmen? Dürfen wir vielleicht Fotos machen?

Gleichzeitig war eine Freude und Aufregung da: Wir sollten die Chance bekommen, diesen Kindern einen schönen Tag zu schenken und sie für den Moment glücklich zu machen, indem wir unsere ganze Aufmerksamkeit und Zuneigung ihnen widmeten.

Dort angekommen wurden wir von unserer Ansprechpartnerin Frau Carolin Eging abgeholt und zu einem Seminarraum, der Kabul hieß, gebracht. Sie sollte auch die Führung an diesem Tag übernehmen. Auf dem Weg zum Seminarraum sahen wir auch schon das erste Kind, das uns mit einem breiten Lächeln zuwinkte.

Nach einer kurzen Vorstellung erzählte Frau Eging über die Geschichte und die Arbeit des Friedensdorfs. Das Friedensdorf wurde 1967 im Zuge der Kriege in Korea, im Nahen Osten und dem Vietnam durch Freiwillige in Oberhausen gegründet. Kinder mit ernsthaften Verletzungen und Krankheiten, die in ihrem Heimatland  keine Möglichkeit auf Heilung/Genesung hatten, wurden nach Deutschland gebracht, hier behandelt und wieder zurück zu ihren Eltern geschickt. Am Anfang kamen Kinder aus Vietnam. Aufgrund der politischen Lage dort konnten die Kinder später jedoch nicht mehr zurück. Getrieben von Heimweh durch die Trennung von ihren Eltern mussten die Kinder versuchen, ihren eigenen Weg in Deutschland zu finden. Seitdem ist das Friedensdorf darum bemüht, zu gewährleisten, dass die Kinder nach der Versorgung auch wirklich zurück in ihre Heimat können.

Das Friedensdorf nimmt ausschließlich Kinder zwischen eineinhalb und elf Jahren auf. Es können aber auch, wenn es notwendig ist, Ausnahmen gemacht werden. So haben wir während unserer Zeit dort auch Kinder gesehen, die zwölf oder dreizehn Jahre alt waren.

Mit den Jahren stieg die Bedeutung der Arbeit des Friedensdorfs an, da die Kriege und Konflikte im Nahen Osten und in Afrika nicht endeten. In der Zwischenzeit zog das ursprünglich in Oberhausen gegründete Friedensdorf in die benachbarte Stadt Dinslaken und wurde dort weiter ausgebaut.

Nach der Einführung in die Gründungsgeschichte gab es eine Führung durch das Friedensdorf. Es gibt zwei voneinander getrennte Gebäude für Jungs und Mädchen, in denen die 150 Kinder ihre Schlafräume haben. In diese Gebäude hatten wir keinen Zutritt. Hinzu kommt ein Gebäude mit einem großen Raum, wo sie ihre Mahlzeiten bekommen. Frau Eging erzählte, dass die Kinder sehr sensibel sind, wenn es ums Essen geht. Es wird nichts weggeschmissen. So wurden wir darauf hingewiesen, beim Mittagessen nur so viel auf unseren Teller zu tun, wie viel wir auch ganz sicher essen können. Manche Kinder, die neu im Friedensdorf sind, bemühen sich Essen zu verstauen, weil sie es nicht gewöhnt sind täglich zu bestimmten Zeiten etwas zu Essen zu bekommen.

Es gibt einen Plan, wann wer den Tisch deckt. Vor jeder Mahlzeit kümmern sich die Kinder, die im Plan eingetragen sind darum, dass Teller, Besteck und Gläser pünktlich zum Essen auf den Tischen liegen.

Während der Erkundung des Friedensdorfs kamen auch schon die ersten Jungs. Sie waren sehr interessiert an uns und manche haben uns kurz begleitet, um Bekanntschaft mit uns zu schließen. Da es leicht rieselte, blieben die Mädchen drinnen, haben aber an einem großen Fenster für uns getanzt. Ein Teil der Gruppe fing an Fußball mit den Jungs zu spielen. Die Kinder waren größtenteils aus Angola oder Afghanistan, weil das Friedensdorf seinen Schwerpunkt auf diese Länder gelegt hat. Zweimal im Jahr werden diese Länder besucht, um behandelte Kinder zurück zu bringen und neue für eine Behandlung mit nach Deutschland zu nehmen. Manche muslimischen Kinder haben uns auch sofort mit „Salam alaikum“ begrüßt. Die Kinder hatten unterschiedliche gesundheitliche Probleme. Viele von ihnen hatten eine Beinverkürzung, weshalb sie Schuhe mit entsprechenden Absätzen trugen, um das Gleichgewicht herzustellen. Andere liefen mit Krücken oder saßen auf Rollstühlen, hatten ein demoliertes Gesicht oder Verbrennungen. Es gab auch Kinder die äußerlich nichts Sichtbares vorwiesen. Alle schienen jedoch sehr glücklich zu sein und das Faszinierende für uns war, dass sie sehr gut mit ihren Gehhilfen umgehen konnten. Sie konnten während des Fußballspiels  genau einschätzen wie weit sie gehen können. Durch diesen positiven Empfang verflog die anfängliche Angst darüber, wie wir aufgenommen werden würden.

Außerdem gibt es im Friedensdorf einen Spielplatz und ein Reha-Zentrum, in dem die Kinder auch behandelt werden können. Verbandswechsel oder ärztliche Visiten finden dort statt.. Überdies gibt es auch Schlafräume extra für Ehrenamtliche aus Japan. Das war für uns ziemlich verwirrend. Frau Eging klärte uns auf und erzählte, dass vor einigen Jahren eine berühmte Moderatorin aus Japan kam, um die Arbeit des Friedensdorfs für einen Sender aufzunehmen. Nach dem Ausstrahlen der Doku kamen jährlich Japaner nach Deutschland, um die Arbeit des Friedensdorfs ehrenamtlich zu unterstützen.

Nach der Führung gab es Mittagsessen und anschließend die Basteleinheiten mit den Kindern. Wir hatten sehr viel zum Basteln und Malen mitgebracht. Diese wurden auf die Tische verteilt. Nach der Vorbereitung kam auch schon die erste Gruppe, die aus Jungs bestand. Die Jungs haben sich sehr über die Stifte und den Block mit buntem Papier gefreut. Sofort wurden die Papiere mit den Farben der Nationalflagge geschnappt und zusammengeklebt. Mit bunten Farben wurden die Namen drauf geschrieben und mit Gel-Stiften verziert. Der Name des Landes darf natürlich nicht vergessen werden. In lateinischen und/oder arabischen Buchstaben wurde der Name des Heimatlandes ganz oben auf die Flagge platziert und ebenfalls verziert.  Wir haben versucht ihnen beim Malen und Basteln zu helfen. Dabei kamen wir auch mit ihnen in kurze Gespräche. Manche von ihnen konnten schon ganz gut verstehen, einige eher weniger. Das Sprechen gestaltete sich schwieriger, aber man konnte sich trotzdem halbwegs verständigen. Diejenigen, die recht gut sprechen und verstehen konnten, haben selbstverständlich denen, die noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache hatten, geholfen. Vermutlich führte u.a. dies dazu, dass der einzelne bevorzugt mit Kindern aus demselben Heimatland Freundschaft geschlossen hat. Innerhalb der Gruppe wurde in der Muttersprache kommuniziert. Das war den Kindern sehr wichtig. Am Ende der Einheit gab es auch Ballons, worüber sie sich ebenfalls sehr gefreut haben.

In der nächsten Einheit kam die zweite Gruppe, die aus Mädchen bestand. Die Freude über die Materialien war auch ihnen aus dem Gesicht zu lesen. Die Mädchen haben es bevorzugt Herzchen, Menschen, Blumen und Häuser zu malen. Ringe und Armreifen wurden gebastelt. Die Mädchen waren von der Nationalität her gemischter. Personen aus dem Heimatland wurden bei der Wahl des Sitzplatzes nicht bevorzugt.

Insgesamt hat es sehr viel Spaß gemacht mit den Kindern zusammen etwas zu unternehmen. Den Kindern hat es ebenfalls sehr viel Freude bereitet. Frau Eging hat das ebenfalls bestätigt, weil es ihr diesmal wohl schwerer gefallen ist, die Kinder zusammen zu trommeln und wieder in ihre Räume zu bringen.

Am Ende  gab es noch die letzten Fragen, Feedback und ein Gruppenfoto vor dem Friedensdorf International. Uns als Gruppe hat es sehr gefallen dort zu sein und mit den Kindern Zeit zu verbringen. So haben sich viele aus der Gruppe darüber informiert, wie man ehrenamtlich tätig sein kann. Es gibt regelmäßig Wochenendkurse an denen Interessierte teilnehmen müssen, um für das Friedensdorf ehrenamtlich tätig sein zu können. Die Kosten dafür werden selbst getragen.

Frau Eging machte uns auch aufmerksam auf die jährlich stattfindenden Feste, durch die das Friedensdorf versucht Geld einzunehmen.

 

Von: Feride Celik

 

Nähere Informationen über die Arbeit, Veranstaltungen und ehrenamtliche Arbeit des Friedensdorfs gibt es auf der Homepage, unter http://www.friedensdorf.de.